Bahn-Internet-Magazin

Eine kleine Zeitschrift für Internet-Eisenbahn-Fans

Blatt 3 der Ausgabe 8  -   August 2012

Durch finanzielle Unterstützung diverser Eisenbahnfreunde wurde die 01 150 im AW Meiningen 2011/2012 wieder aufgearbeitet. Dabei hat selbstverständlich das AW Meiningen den angeblich verschlissenen original genieteten Kessel durch einen geschweissten neugebauten Kessel ersetzt. Nach der Fertigstellung gab es dann Probleme mit der Zulassungsstelle, dem EBA (Eisenbahn-Bundesamt). Da sich weder das AW Meiningen noch das EBA zu dem Vorfall äussert, brodelt die Gerüchteküche. Fakt ist, dass die Lokomotive jedenfalls weiterhin in Meiningen vor sich hin steht und die Saison 2012 ohne diese schöne Lok absolviert werden musste. Das möchte ich zum Anlass nehmen und einmal auf diese schöne Lokomotive zurückblicken.

Kurz nach der Abnahme am 12. Oktober 1935 wurde sie dem Bahnbetriebswerk Frankfurt/Main Hbf (das spätere Bw 1) zugeteilt, gebaut wurde sie von Henschel & Sohn in Kassel unter der Fabrik-Nummer 22698. Doch ihre Frankfurter Zeit währte nicht lange, bald wurde sie zum Bw Bebra, das damals ebenfalls zur Reichsbahndirektion Frankurt/M. gehörte, versetzt. Unsere 01 150 kam Anfang Dezember 1935 leihweise ins Bw Nürnberg Hbf. Denn ihr wurde die Ehre zu Teil, den Eröffnungszug zur feierlichen Parade zur 100-Jahr-Feier am 7. Dezember 1935 zu ziehen, dieser Zug bestand allerdings aus weiteren neun Schnellzuglokomotiven der Baureihen 01 und 03, an dessen Spitze war unsere 01 150.

Fünfzig Jahre später, im Jahre 1985, war die 01 150 wieder bei der 150-Jahr-Feier der deutschen Eisenbahnen in Nürnberg dabei. Inzwischen gehörte sie schon nicht mehr der DB, sondern dem Fabrikanten Walter Seidensticker, der zusammen mit Freunden und Gleichgesinnten (unter anderem Olaf Teubert und Manfred van Kampen) diese Lokomotive 1974 von der DB erwerben konnte und dann im ehemaligen Bw Bielefeld wieder betriebsfähig aufarbeitete. Daher durfte die 01 150 mit einer Sondergenehmigung für die Paraden im September 1985 eingesetzt werden.

Gleichzeitig mit der 01 150 wurden auch andere Lokomotiven bei der DB wieder betriebsfähig hergerichtet. Denn bei der DB wurde im Oktober 1977 mit den Lokomotiven 043 196 (ehemals 44 1203) und 042 113 (ehemals 41 113) der Dampfbetrieb feierlich eingestellt und ab dem 1.1.1978 durfte keine Dampflokomotive auf DB-Gleisen mehr verkehren. Die in Offenburg, Kaiserslautern und Trier aufgearbeiteten Lokomotiven 01 1100, 23 105, 50 622 und 86 457 aber waren mit ihren Sonderzügen solch ein Erfolg, so dass diese Museumszüge für Eisenbahnfreunde und Interessierte auch in den Folgejahren weiter fahren durften. Oft aber reichten die DB-eigenen Lokomotiven nicht aus, so dass von der Historischen Eisenbahn in Frankfurt/M. die 01 118 und von den Ulmer Eisenbahnfreunden die 01 1066 dazu gemietet wurden.

Walter Seidensticker veräusserte 1988 seine 01 150 der DB und  in Offenburg wurde 1989 eine Hauptuntersuchung durchgeführt. Danach konnte sie zusammen mit den anderen Lokomotiven von der DB (Deutsche Bundesbahn) eingesetzt werden. Ihre Jungfernfahrt erlebte sie am 21.10.1989 mit einer Rundfahrt ab Nürnberg über die Schiefe Ebene nach Hof – wegen des Riesenerfolges musste die Fahrt am Folgetag sogar nochmals wiederholt werden!

Alles ging soweit gut, auch die Wiedervereinigung und die DB AG überlebte unsere 01 150, bis sie dem Brandschaden im Bw Nürnberg Hbf zusammen mit den weiteren Lokomotiven wie u. a. 45 010, 50 622, 23 105, 86 457, 89 801, V200 002, V80 002, V100 1023, V60 150 sowie dem kompletten ADLER-Zug, am 17.Oktober 2005 zum Opfer fiel.

Die DB AG tat sich dann schwer, die zum Teil unwiederbringlichen Exponate wieder aufarbeiten zu lassen. Zunächst wurde der ADLER-Zug wieder aufgebaut, dann die 89 801 und der aufgeschnittene bayr. Glaskasten nach Koblenz-Lützel gebracht, wogegen die 23 105 im Eisenbahn-Museum Heilbronn nach und nach aufgearbeitet wird. Doch im Jahre 2009 kam Bewegung in die Sache, die 45 010 kam ins AW Meiningen und wurde dort nach langem Zögern äusserlich aufgearbeitet, ebenfalls konnte der oben genannte Lokführer Olaf Teubert eine Spendenaktion ins Leben rufen, damit die 01 150 wieder aufgearbeitet werden konnte. Trotz erheblicher Probleme (ein Kesselneubau war nicht im Budget enthalten) schaffte er es zusammen mit Gleichgesinnten, den Wiederaufbau finanziell abzusichern. Doch - siehe oben ...

Hoffen wir, dass all diese Ungereimtheiten und Probleme bald Vergessenheit sind und die 01 150 bald wieder mit eigener Kraft auf deutschen Gleisen unterwegs sein kann.

Der Lebenslauf unserer 01 150, von der es bis zum Ende der sechziger Jahre übrigens nur extrem wenige Aufnahmen gibt, ist schnell erzählt. Sie blieb in der Direktion Frankfurt/M., hatte aber offensichtlich zweimal mit Kriegsschäden zu kämpfen, die 1943 im Bw Darmstadt und 1945/46 im Bw Hanau repariert wurden. Ab 1948 gehörte sie zum Bw Frankfurt/Main 1 und war bis zur Elektrifizierung der Hauptstrecken nach Süden und Norden hier zu finden. 1959 wechselte sie zum Bw Wiesbaden für den Einsatz auf der rechten Rheinstrecke; nach deren Umstellung auf elektrischen Betrieb hieß Giessen ihre neue Heimat und sie durfte bis Siegen bzw. Kassel im Mittelgebirge unterwegs sein. Von 1965 bis 1970 hatte sie das berühmte Bw-Hof-Schild am Führerhaus. Im Juli 1970 kam sie, inzwischen als 001 150-2, zum Bw Ehrang. Eigentlich wurde sie von Trier aus eingesetzt, da das Bw Trier aber offiziell dampffrei geworden war, hieß Ehrang ihre neue Beheimatung. Ihr Einsatzgebiet war nun in erster Linie die Moselstrecke von Saarbrücken bis Koblenz und die Eifellinie von Trier nach Köln. Doch die neuen Diesellokomotiven der Baureihenfamilie V160 sorgten für frischen Wind bei der DB, Dampflokomotiven zählten zum alten Eisen. So oblag ihr dann die Ehre, den letzten dampfgeführten Schnellzug auf der Moselstrecke zu befördern.

Oben die 001 150 bei einem nächtlichen Halt in Cochem, unten im Bw Trier am 10. Juni1972, geschmückt für die Abschiedsfahrt am 11. Juni 1972.

Am 17. Juni 1972 wurde sie wieder dem Bw Hof zugeteilt, was sie ihrem guten Allgemeinzustand und ihren noch langen Fristen zu verdanken hatte. Am 5. November 1973 wurde sie dann abgestellt (z-gestellt) und bereits am 13. November 1973 ausgemustert. 1974 übernahm sie Walter Seidensticker, siehe oben. Das war sie, die Geschichte der 01 150, oder?

001 150-2 auf dem Weg von Hof nach Bamberg (dort war Lokwechsel) - hier hinter Ebing am 27. April 1973, Aufnahme Klaus D. Holzborn

ZUstand der 01 150 nach der Aufarbeitung im Bw Bielefeld durch Walter Seidensticker, Olaf Teubert und weiteren. Dieses Foto machte Manfred van Kampen

unten ein Bild einer Nikolausfahrt nach Weiden, hier bei der Rückfahrt bei Vilseck aufgenommen, Foto: Klaus D. Holzborn  2. Dezember 1989:

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