Lokomotive 99 3301 und ihre Schwestern

Bei der Muskauer Waldbahn war die 99 3301, Krauß 1895 F-Nr. 3311, bis 1966 im Einsatz. Hier ein Bild aus dem Jahre 1964. Die Lokomotive besitzt keine elektrische Beleuchtung, die anderen Waldbahn-Lokomotiven erhielten erst ab ab 1953 ihre Beleuchtung mit einem Lkw-Scheinwerfer über der Rauchkammer und Autobatterie.  Aufnahme: Sammlung Klaus Kieper um 1964

Die Baureihe: 99330

Schmalspurlokomotive 99 3301 der Deutschen Reichsbahn

Entwicklung und Bau

Die reichen Bodenschatzvorkommen und die zu deren Weiterverarbeitung entstandenen Fabriken im weitläufigen Gebiet der Standesherrschaft Muskau erforderten schon vor der Jahrhundertwende den Bau von Verbindungsbahnen zwischen den zum Teil recht weit auseinanderliegenden Abbau- und Verarbeitungsstellen. Der zunächst mit Pferden durchgeführte Betrieb erwies sich aufgrund der großen Entfernungen bald als unzweckmässig, weshalb schon recht früh bei Krauß & Comp. in München eine geeignete Dampflokomotiven bestellt wurde. So entstand im Jahre 1895 unter der Fabriknummer 3311 der erste C-Kuppler, der mit dem Namen des Besitzers der Bahn, GRAF ARNIM, ausgeliefert wird. In den Jahren 1896 und 1899 gesellte sich je eine weitere, baugleiche Lokomotive hinzu (Fabrik-Nummern 3489 und 3968), die jedoch unter ihren Fabriknummern als Loknummern eingesetzt wurden und keine Namen erhielten. Das besondere Kennzeichen dieser Lokomotiven ist der Kobelkamin mit dem eingebauten Funkenfänger der Bauart Rose, der auch Fahrten durch Bruchholzgebiete ohne Waldbrandgefahr ermöglicht. Die leicht ausgeführten Lokomotiven sind besonders für schlecht verlegte Gleise auch auf moorastischen Untergrund geeignet, lediglich die geringen Vorräte von 0,88 m³ Wasser und 0,17 t Kohle machten sich auf die Dauer extrem negativ bemerkbar, so dass ihnen später ein zweiachsiger Tender beigegeben wurde, der ihre Vorräte auf 2,6 m³ und 1,2 t auf das drei- und siebenfache erhöhte.

Einsatz und Ausmusterung

Die Lokomotive GRAF ARNIM wurde ab 1933 nach Trennung des Netzes auf dem südwestlichen Teil nur noch um Weisswasser herum eingesetzt, hier erhielt sie auch ihren Tender, der von einem ursprünglich 1919 bei Orenstein & Koppel gebauten B-Kuppler stammte. Beim Führerhaus wurde an der Rückseite eine Drehtüre sowie ein abklappbares Übergangsblech eingebaut.

1951 erhielt sie bei der Übernahme durch die Deutsche Reichsbahn die Betriebsnummer 99 3301, sie ist damit die älteste Staatsbahnlokomotive für 600 mm Spurweite. Sie wurde auf der Strecke Weisswasser–Tzschelln (Ruhlmühle) eingesetzt und für den Einmannbetrieb zugelassen. Nach Einstellung dieser Strecke am 4. Januar 1966 blieb sie im Lokschuppen von Weisswasser stehen, bis sie am 1. April 1969 von der Pionier-Eisenbahn (PE) in Cottbus erworben werden konnte. Hier erhielt sie nach kompletter Aufarbeitung die Nummer PE 004. Zur Bundesgartenschau 1995 wurde sie erneut wiederaufgearbeitet und nun grün/schwarz/rot lackiert. Seitdem trägt sie wieder die Nummer 99 3301. Heute heisst die Bahn Park-Eisenbahn, damit konnte die Abkürzung PE erhalten bleiben.

Die Lokomotive 3489 erlitt zur Mitte der dreissiger Jahre einen schweren Zylinderschaden, der eine Aufarbeitung nicht mehr lohnte, da inzwischen schon weitere leistungsfähige Lokomotiven zur Verfügung standen. So wurde sie zerlegt und die noch brauchbaren Teile dienten als Ersatzteile für die 3311 (Graf Arnim). Ihre jüngere Schwester 3968 machte dagegen von Anfang an Probleme, Personale berichteten, dass sie sehr störanfällig war und schliesslich bereits zur Weltwirtschaftskrise 1929 zerlegt wurde.

Konstruktionsmerkmale

Kessel: Genieteter zweischüssiger Nassdampfkessel mit 2175 mm Abstand zwischen den Rohrwänden, 1185 mm Kesselmitte über SO, ursprünglich Federwaag-Sicherheitsventil am Führerhaus, etwa 1963 Umbau auf Ackermann, Dampfpfeife, Dampfläutewerk der Bauart Latowski vor dem Kamin, Stehkessel (mit schräger Rückwand) und Feuerbüchse aus Kupfer, ursprünglich Reglerventil mittig vor dem Dampfdom, 1963 Umbau auf seitenzugbetriebenen Flachschieberregler an der rechten Domseite, Kobelkamin mit eingebauten Funkenfänger der Bauart Rose zur Vermeidung von Funkenflug.

Rahmen: Genieteter Blechinnenrahmen dient im vorderen Teil als Wasserkasten (Krauß-Patent).

Laufwerk: Dreipunktabstützung, Alle drei Radsätze sind fest im Rahmen gelagert, alle Tragfedern befinden sich oberhalb des Rahmens, Abstützung auf querliegende Träger und Federstifte.

Triebwerk: Zweizylinder-Nassdampftriebwerk, Zylinder waagerecht, Antrieb auf dem dritten Kuppelradsatz.

Steuerung: Aussenliegende Stephenson-Steuerung mit Flachschiebern entsprechend der Ausführung mit offenen Stangen.

Bremse: Handbremse für die Lokomotive, Tender und für den Zug.

Sondereinrichtungen: Ausrüstung mit elektrischer Autobatterie-Beleuchtung und richtigen Loklaternen für den Einsatz auf der PE, Mittelpufferkupplung; zweiachsiger Tender mit fest gelagerten Radsätzen in einem genietetem Aussenrahmen aus 12 mm starken Blechen mit aussen angeordneten Tragfedern über den Radsatzlagern. Einsatz der Lokomotive nach wie vor auch ohne Tender möglich.

TECHNISCHE DATEN

Lokomotive

Bauart                                   C-n2(t)
Baujahr                                1895-1899
Anzahl                                 3 Stück
Hersteller         Krauß & Comp. München
Spurweite                            600 mm
Zylinderdurchmesser            200 mm
Kolbenhub                          300 mm
Treibraddurchmesser            560 mm
Radsatzstand                       1300 mm
Loklänge über Kupplung       5300 mm
Gesamtlänge über Kupplung  8750 mm
Höchstgeschwindigkeit          15 km/h
Leistung                               44 kW
Zugkraft (0,6 p)                   15,5 kN
Gewicht Lok ohne Tender      9,0 t

Kessel

Kesseldruck                          12 bar
Rostfläche                           0,39 m²
Kesselheizfläche                 18,76 m²

Vorräte mit Tender 2T1,5

Kohle                                2,6 t
Wasser                             1,5 m³

 

BESONDERHEITEN

Die Lokomotive gehört zu den Vorläufern der Heeresfeldbahn-Typen, durch ihr geringes Gewicht, ihre Eignung auch auf schlecht verlegten Gleisen fahren zu können und die einfache Bauweise und einmännische Bedienung sind sie ideal für die Heeresfeldbahnen, die auf dieser Grundlage im Ersten Weltkrieg größere Serien von D-Kupplern beschaffen. Die Lokomotive 99 3301 wurde seit ihrem 100. Geburtstag in Cottbus auf der Parkbahn an Sommerwochenenden sporadisch wieder bis zum endgültigen Fristablauf eingesetzt. Zur Zeit ist sie nicht betriebsfähig.

Die Stephenson-Steuerung der 99 3301, mal in Grossaufnahme.

Lokomotive 99 3301 in ihrem jetzigen Zustand bei der PE Cottbus, dahinter die Lok 1739, eine Heeresfeldbahnlokomotive (siehe Blatt 2, unten auf WEITER klicken), die den anderen Lokomotiven der Waldeisenbahn Muskau 99 3310-3311 und 3313-3318 entspricht, auch sie hat elektrische Einheits-Beleuchtung erhalten.   Foto: K. D. Holzborn  Mai 1999

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